Richard Widmark

Richard Widmark
(* 26. Dezember 1914 in Sunrise/Minnesota, USA; † 24. März 2008 in Roxbury, Connecticut)

Richard WidmarkEin hysterisch grausames Lachen ließ 1947 das Kinopublikum erschaudern und bedeutete zugleich den Durchbruch eines außergewöhnlichen Talents. Seit seinem Leinwanddebüt als krankhafter Verbrecher Tommy Udo in Henry Hathaways Thriller "Der Todeskuss" zählt Richard Widmark zu den profillierten Hollywood-Stars. Freilich wird der Zweiunddreißigjährige, der niemals Schauspieler werden wollte, auf die Verbrecherrollen festgelegt und er beherrscht sie auch in allen Schattierungen. Oft verkörpert er das Böse, Grausame, Notorische, ob als Gangsterboss, als Subalterner, als brutaler, eiskalter Zyniker oder als hinterlistige, schmierige Ratte. Trotzdem gilt er als vielseitiger Schauspieler.

Regisseur Delmer Daves sagt: "Widmark ist ein brillanter Schauspieler, denn er denkt." Henry Hathaway, der ihm sagt, er sei auf Jahre hinaus auf den Bösewicht festgelegt, nennt ihn den typischen Star. Elia Kazan, Entdecker von Marlon Brando und Warren Beatty, prophezeihte ihm eine große Karriere und Sam Fuller bezeichnet Widmark ganz einfach als einen der stärksten Charaktertypen im amerikanischen Filmgeschäft.

Richard Widmark wird als Sohn des Handelsvertreters Carl Widmark und seiner Frau Ethel Mae in Sunrise/Minnesota geboren. Die Widmarks, sie sind schwedisch-amerikanischer Abstammung, ziehen bald nach Sioux Falls, Süd Dakota und später in andere Kleinstädte von Illinois und Missouri. Nach dem Schulabschluß studiert Richard Widmark Jura und jobt im Kaufhaus. Er will eigentlich Rechtsanwalt werden, doch dann begeistert ihn der Leiter der Theatergruppe für die Schauspielerei. Er schreibt sich für Philosophie, Sprachen und dramatische Kunst ein. Nach seinem Universitätsabschluss wird er - noch nicht dreißig Jahre alt - als Dozent für Sprachen und Dramaturgie an die Universität Lake Forrest/Illionois berufen, die er zwei Jahre später als außerordentlicher Professor verlässt.

Widmark, zu dessen Freunden der Romancier Sinclair Lewis gehört, promoviert in politischen Wissenschaften. 1938 zieht er, zusammen mit seiner Frau Jean Hazlewood, die er als Kollegin in Lake Forrest kennengelernt hatte, nach New York, wo er als Radiosprecher Erfolge hat. 1943 debütiert er am Broadway in George Abbotts "Kiss and Tell". Bald spielt Richard Widmark in mehreren Stücken den jugendlichen Helden. Und eines Tages kommen die Probeaufnahmen für "Kiss of Death". Produzent Darryl F. Zanuck ist sofort von Widmark überzeugt. Seine Frau ist ihm eine starke Stütze, Jean schreibt Romane und Drehbücher, darunter auch für den von Phil Karlson inszenierten Film "Geheime Wege". Mit dem Kino beginnt die steile Laufbahn.

Seine Karriere als Schurke vom Dienst erhält einen Knick, als Elia Kazan, bei dem er schon Theater gespielt hat, ihn gegen das Leinwand-Klischee besetzt: Widmark spielt in "Unter Geheimbefehl" (Panic in the Streets, 1950) einen besonnenen, pflichtbewußten Polizeiarzt. 1967 ist er der Polizeidetektiv Madigan, der einsam gegen ein Netz aus Korruption und Bestechung im Polizeiapparat von New York kämpft. Das ist eine seiner stärksten Kino-Figuren. Der Erfolg von "Nur noch 72 Stunden" ("Madigan") führt zwangsläufig zur Fernsehserie. Nach Elia Kazans "Unter Geheimbefehl" steht Widmark oft in Kriminal- und Gangster-Filmen auf Seiten des Rechts und spielt ebenso überzeugend und routiniert Gangster-Rollen. Western hat er besonders geliebt, vor allem wegen der vielen frischen Luft, der Sonne.

Otto Preminger entdeckte 1957 in ihm den Charakterdarsteller: er gibt ihm die Rolle des Dauphin in seiner Kinoadaptation von G. B. Shaws "Jean d'Arc". Sein Spiel - so brillant es ist, ist nicht sehr weit weg von Tommy Udo, seiner ersten Kino-Rolle. 1957 gründet Richard Widmark seine eigene Filmproduktion, die Heath Productions und gab seinem Schauspielerkollegen Karl Malden die Chance, den Film "Wenn Männer zerbrechen" zu inszenieren.

Widmark ist jedoch nie nur Schauspieler und Produzent, er engagierte sich vor allem in den Endsechziger Jahren politisch. Zwar hat er immer erklärt, dass für ihn Kunst unpolitisch sei, dass er sich aber als Mensch und Bürger auch bei seiner Arbeit nicht von seiner Veranwortung frei machen kann. Harte Attacken hatte er damals gegen die amerikanische Vietnam- Politik geritten. Ihm war noch gut in Erinnerung wie viele Existenzen in Hollywood durch die Aktivitäten des McCarthy-Systems vernichtet wurden und die Psychose gegen den Kommunismus, die John Foster Dulles ausgelöst hatte, war ihm noch deutlich im Ohr als er die Stimmen von Ronald Reagan und John Wayne hörte. Auf seiner Farm in Connecticut verbrachte Richard Widmark mit seiner Frau zurückgezogen den Ruhestand. An Hollywoods Glanz- und Glamourwelt war der Pferdenarr Widmark zeitlebens wenig interessiert.

Widmark starb nach langer schwerer Krankheit im März 2008 auf seinem Landsitz in Roxbury, Connecticut.